Ausstieg aus der Not: Wie das Evangelium Wertschätzung zeigt
„Wir, also meine Kolleginnen und ich, ziehen von Tür zu Tür, bieten Prostituierten Gespräche an. Mittlerweile kennen wir die Häuser und Wohnungen, in denen die Frauen arbeiten. Einige von ihnen freuen sich richtig über unseren Besuch und laden uns ein. Andere schütteln nur den Kopf und machen die Tür schnell wieder zu. Wir haben schon so viele schreckliche Lebensgeschichten gehört. Heute wissen wir: Prostitution ist ein grauenhaftes Geschäft.
Die Erzählungen der Frauen sind geprägt von Armut, Trostlosigkeit, Verschleppung, Angst, Gewalt und der diffusen Hoffnung, irgendwann irgendetwas anderes machen zu können. Bei unseren Besuchen übergeben wir den Frauen, wenn sie es wünschen, ein Neues Testament oder ein Evangelium in ihrer Sprache. Bis heute bin ich verwundert, wie viele sich darüber freuen. In den letzten Monaten haben wir mit vielen Frauen geredet: Aus Rumänien und Bulgarien, aus Polen und Russland, manchmal aus Spanien und immer wieder auch aus arabischen Ländern. Prostitution ist ein internationales Geschäft.
Ausstieg aus der Prostitution
Eine Frau ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Es war einer dieser Tage, wo wir an den Türen klingelten und man uns hereinließ. Lara* erzählte uns ihre Geschichte, die so gleich und doch so einzigartig war wie all die anderen Geschichten. Zuerst hörten wir ihr einfach nur zu. Dann haben wir ihr die Möglichkeit des Ausstiegs aus der Prostitution erklärt und unsere Hilfe angeboten. Sie wirkte interessiert. Also gaben wir ihr unsere Handynummer mit der Bitte, uns zu kontaktieren, wann immer sie Hilfe benötigen würde. Danach haben wir gemeinsam für Lara gebetet. Sie hat sich unglaublich gefreut. Endlich ist da jemand, der sie als Mensch, als etwas Wertvolles sieht. Auch das Evangelium in ihrer Muttersprache hat sie begeistert: Ein Buch in ihrer Sprache!
Einige Wochen vergingen und wir trafen Lara nicht mehr an. Viele Prostituierte wechseln immer wieder die Städte. Scheinbar ist der Bedarf an „frischer Ware“ – denn nichts Anderes sind diese Frauen für dieses Gewerbe, unglaublich groß. Um den Schein zu wahren, müssen die Frauen ständig umziehen und haben so kaum Möglichkeiten, eine Heimat zu finden, Kontakte zu knüpfen und mit Hilfe einer Organisation den Ausstieg zu wagen. Auch dies ist von den Zuhältern und Menschenhändlern so gewollt, den Frauen sollen kleingehalten werden und ein Ausstieg ihnen verwehrt bleiben. Mit Drohungen gegenüber ihren Familien und Gewalt macht man sie gefügig.
Frauenschutzhaus
Aber Lara meldete sich! Viele hunderte Kilometer entfernt, in einer für sie fremden Stadt rief sie uns in gebrochenem Deutsch an. Sie hatte lange überlegt und wusste nun: Sie will raus aus dem Geschäft. Aber das ist nicht so einfach. Noch hat sie den Mut nicht. Wenn sie zurück in unsere Nähe kommt, dann wollen wir uns verabreden. Dann möchte sie mit uns den Ausstieg wagen, denn sie vertraut uns. Unsere Besuche haben ihr gezeigt, dass sie noch immer ein ganz wertvoller Mensch ist. Wir warten auf sie und bereiten ihr solange den Weg. Mit Mission Freedom e. V. haben wir einen Platz im Frauenschutzhaus ausgemacht. Sie darf jederzeit dort unterkommen, geschützt vor Zuhältern, Menschenhändlern und Freiern. Und auch danach wollen wir ihr beistehen, denn ein Neuanfang wird nicht leicht.
Wir wünschen uns so sehr, dass sie es schafft.“
*Name geändert
Dank Ihren Spenden können wir Menschen unterstützen, die Frauen in der Prostitution kostenlos Evangelien, Kalender und Neue Testamente in ihren Muttersprachen anbieten.