Miteinander am Tisch

In der Advents- und Weihnachtszeit erinnern wir uns daran, dass Jesus Christus als Mensch in unsere Welt gekommen ist. Durch ihn knüpft der lebendige Gott eine persönliche Beziehung zu uns Menschen an: der Schöpfer zu Seinen Geschöpfen, der Heilige zu uns Sündern.

 

Manchmal waren es gerade die Gegner Jesu, die auf treffende und anschauliche Weise zum Ausdruck brachten, was für Jesus das wichtigste Ziel war. Einmal nannten sie ihn „Freund der Zöllner und Sünder” (Luk 7,34). Ein anderes Mal beschwerten sie sich: „Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.” (Luk 15,2)

Sie ärgerten sich über Jesus, weil sie meinten, so dürfe sich kein gottesfürchtiger Mensch verhalten. Sie dachten: So gerät man selber in schlechte Gesellschaft und unter schlechten Einfluss. Die Sünder wird man so nicht bessern. Vielleicht kannten sie schon den einleuchtenden Vergleich: Ein fauler Apfel kann einen ganzen Korb voll guter Äpfel verderben, aber ein guter Apfel wird niemals einen Korb voll fauler gut machen. – Die Guten sollten sich von den Schlechten fernhalten. Und Gott? Der wird sicherlich erst recht nichts mit den Sündern zu tun haben wollen, die ja Seine Gebote übertreten. Wer „Freund der Sünder” ist, kann ja nur Gottes Feind sein.

Jesus sah das offensichtlich ganz anders. Er sagte von sich selber: „Ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.” (Joh 5,30) Er wusste, dass er in seinem Verhalten Gottes Willen und Wesen widerspiegelte. Deshalb konnte er sagen: „Wer mich sieht, sieht den Vater.” (Joh 14,9) – Mit anderen Worten: wenn wir betrachten, wie Jesus mit Sündern umging, können wir erkennen, wie Gott zu uns Sündern steht.

 

Gott, der Freund der Sünder

Jesus ist gekommen, um Sünder zu suchen und zu retten. Dazu hat Gott ihn gesandt. Schon bevor Sünder um Hilfe gerufen haben, hatte Gott einen Plan zu ihrer Rettung entworfen. Denn Er hat uns geliebt, als wir noch Feinde waren (Röm 5,8.10). Unsere Feindschaft gegen Ihn, die in Unglauben und Ungehorsam gegenüber Seinen Geboten zum Ausdruck kommt, hat Ihn nicht zu unserem Feind gemacht. Gott kommt uns mit einem unglaublich großen Vorschuss an Liebe entgegen. Er hat viel investiert, um die Schuld von uns Menschen aus dem Weg zu räumen, die unsere Beziehung zu Ihm zerstört hat und zerstört.

 

Gott nimmt Sünder an

Jesus hat sehr deutlich über Gottes Willen, über menschliche Schuld und über das Gericht Gottes gesprochen. Dennoch begegnete er auch solchen Menschen, die von anderen als besonders schlimme Sünder ausgegrenzt wurden, mit erstaunlicher Offenheit, ohne Verurteilung, ja, ohne sofort das Thema „Sünde” anzusprechen. Zu dem Zöllner Zachäus, der Jesus unbedingt sehen wollte, sagte er: „Heute muss ich in dein Haus einkehren!”- und es war dann Zachäus selber, der auf einmal von seinen betrügerischen Machenschaften redete und den angerichteten Schaden wieder gut machen wollte. Jesus scheint zuerst die Person gesehen zu haben, nicht ihr Versagen. Er hat Menschen ohne Unterschied angenommen, wie sie sind. Als ob er das Vertrauen hätte: wo Menschen sich der Liebe und Freundlichkeit Gottes aussetzen, schmilzt die Bosheit wie Eis und Schnee in der Sonne. – Sicherlich setzt echte Versöhnung voraus, dass der Schuldige seine Schuld erkennt und um Vergebung bittet. Durch sein Verhalten signalisierte Jesus: Gott ist zur Versöhnung bereit.

 

Gott schenkt Gemeinschaft

Miteinander am Tisch zu sitzen und gemeinsam zu essen, ist eine der elementarsten Formen von Gemeinschaft. Das Notwendige für unseren Leib, unseren Hunger zu stillen, ist verbunden mit dem Notwendigen für unsere Seele, dem Zusammensein mit anderen Menschen und dem Gespräch. Mit guten Freunden am Tisch zu sitzen, zu essen, zu reden und zu lachen, ist ein „Fest”, selbst wenn kein Festessen serviert wird.

Jesus hat sich mit sehr unterschiedlichen Leuten an einen Tisch gesetzt (d. h . nach der damaligen Sitte auf Polstern „zu Tisch gelegt”): mit Personen, die als „Zöllner und Sünder” einen schlechten Ruf hatten – und mit Pharisäern, von denen er wusste, dass sie ihm mit Vorbehalten, Ablehnung, ja mit Feindschaft begegneten. Niemandem hat er seine Nähe, das Gespräch und die persönliche Zuwendung verweigert. Deutlicher konnte er nicht zeigen, dass er Gemeinschaft wollte. Sicherlich wollte und will er jedoch mehr als ein unverbindliches Gespräch bei einigen Bissen Brot und ein paar Schlucken Wein. Er wollte und will, dass Menschen ihn selber aufnehmen, indem sie seiner Liebe, seiner Vergebung und der verändernden Kraft seines Geistes vertrauen.

Die Beziehung zu Jesus ist auch heute nicht nur rein innerlich, gedanklich oder gefühlsmäßig. Gemeinschaft mit Jesus wird real, wo Menschen sich in seinem Namen versammeln, z. B. um sein Wort zu hören und zu beten. Es ist aber wichtig, dass wir uns auch von Zeit zu Zeit treffen, um miteinander zu essen und zu feiern.

Darüber hinaus wird Gemeinschaft mit Jesus real, wo wir hingehen zu Menschen, die ihn noch nicht kennen, und den persönlichen Kontakt zu ihnen suchen. Zeit zu haben zum Gespräch, ein Glas Tee zu trinken oder gemeinsam zu essen, ist schon ein wichtiger Teil unserer Botschaft. Denn die Beziehungen, die wir anknüpfen und pflegen, veranschaulichen: „Gott ist interessiert an dir. Er sucht eine lebendige Beziehung zu dir.” – Beten Sie um gute Gelegenheiten zum Teetrinken und um das richtige Wort zum Tee, damit Menschen Gottes Einladung hören, begreifen und ergreifen können!

Orientierung 2002-05; 15.02.2000…

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