Mann im Islam

Nach dem Koran hat Gott Mann und Frau „gleichwertig“ geschaffen (Sure 53,45; 4,1). Beide sind, obwohl von Natur aus schwach, ungeduldig und unbeständig (Sure 4,28; 30,36; 21,37; 16,4; 12,53), aufgerufen Gutes zu tun und erhalten dafür eine Belohnung hier und im zukünftigen Leben unabhängig von ihrem Geschlecht (Sure 16,97; 40,40). Im Paradies werden gläubigen männlichen Muslimen im Gegensatz zu muslimischen Frauen weltliche Freuden wie die Erfüllung sexueller Begierden verheißen (Sure 78,33; 55,56 im Gegensatz zu Mt 22,30). Laut Hadith hängt es von der Einwilligung der Ehemänner ab, ob ihre Ehefrauen ins Paradies eingehen dürfen.

Jungen wie Mädchen werden nach islamischer Auffassung bereits als Muslime geboren (Hadith: Sahih Al-Buchari, Band 2, Buch 23, Nummer 441). Jungen sind als Träger des Familiennamens erwünschter als Mädchen und werten den Stand ihrer Mutter auf. Die Beschneidung wird meist im Alter zwischen sieben und zehn Jahren durchgeführt und ist für Männer Pflicht. Sie bestimmt in vielen Ländern den Eintritt ins Mannesalter (z.B. Hadith Sahih Al-Buchari, Nr. 7.777). Nur Männer waren nach dem islamischen Verständnis Propheten (im Gegensatz zu 2.Mose 15,20; Ri 4,4; 2.Kö 22,14; Neh 6,14; Jes 8,3; Lk 2,36; Apg 21,9). Als Kind wird der Sohn in aller Regel verwöhnt. Er muss nur wenige Einschränkungen hinnehmen und wird als derjenige erzogen, der später Anweisungen erteilt. Jungen – später Männer – respektieren zwar die Frauen ihrer Familie und verteidigen ihre Ehre und ihren Ruf, kontrollieren aber auch deren Bewegungsspielraum und Verhalten in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Anstandsregeln. Auf der moralischen Ebene sind sie mitverantwortlich für die Bewahrung der Keuschheit der Schwestern, denn auf den Frauen der Familie ruht die Familienehre, die die männlichen Mitglieder wahren und verteidigen müssen (was allerdings nicht koranisch, sondern kulturell bedingt ist). Von den Söhnen wird spätestens mit dem Ende der Schul- oder Studienzeit ein Beitrag zum Lebensunterhalt der Familie erwartet. Die Autorität des ältesten Sohnes, obwohl noch ein Kind, ist in der Familie festgeschrieben. Er übernimmt die Leitung der Familie in Abwesenheit des Vaters. Männer dürfen sich nicht wie Frauen kleiden, z. B. kein Gold oder Seide tragen. Alkohol ist ihnen verboten (Sure 5,90-91). Männlichkeit und Stärke sind von großer Bedeutung und werden im Ernstfall auch unter Zuhilfenahme von Machtmitteln unter Beweis gestellt. Es herrscht ein gewisser Zwang, diese Stärke zu demonstrieren und bei Normüberschreitungen Druck oder sogar Gewalt anzuwenden. Die Familienehre kann z. B. wieder herstellt werden, indem das verdächtigte Mädchen oder die Frau eingesperrt, geschlagen oder sogar getötet wird. Wer als Mann diese drastischen Handlungen verweigert, verliert sein Gesicht, er gilt als schwach und wird verachtet. Muslimische Männer, die durch finanziellen oder persönlichen Einsatz um Gottes Willen Krieg führen, sind Muslimen überlegen, die das nicht tun. Erstere werden mit einem gewaltigen Lohn ausgezeichnet (Sure 4,95). Religiöse Pflichten kann der Mann im Gegensatz zur Frau ohne Einschränkungen erfüllen. Frauen sind während ihrer „Menstruations-Unreinheit“ vom rituellen Gebet, Koranlesen, der Pilgerfahrt und dem Fasten ausgeschlossen (Parallele: 3.Mose 12,2-5; 15,19-20; doch Lk 18,1). Männer können ihren Frauen die Erlaubnis erteilen, ausgefallene Gebetszeiten oder Fasten nachzuholen, oder dies verweigern, da der Mann in Bezug auf Essenszeiten und Beischlaf davon betroffen ist. Der muslimische Ehemann oder männliche Vormund bei Alleinstehenden bestimmt, ob seine Frau(en) freitags in die Moschee gehen, das Haus verlassen, eine Besuchsreise oder die Pilgerreise machen dürfen. Obwohl der Koran für Unzucht bei unverheirateten Männern und Frauen gleichermaßen ohne Ausnahme 100 Peitschenhiebe verlangt (Sure 24,2), wird in der Praxis die größere Schuld der Frau zugeschrieben. Der Mann ist nach islamischem Verständnis immer das Opfer von verführerischen Frauen. Im Gegensatz dazu liegt in der Bibel die Betonung der Verantwortung bei den Männern selbst, was für Frauen eine größere Freiheit ohne Verschleierungspflicht zur Folge hat: Hiob 31,1; Mt 5,27-30.

Ehe- und Familienrecht

Heiraten gehört zum islamischen Glauben (Sure 24,32-33); Ehelosigkeit ist allein schon wegen dem Vorbild der verheirateten Propheten unerwünscht (Sure 13,38; 57,27; im Gegensatz zu Mt 19,11-12: „Ledig sein“ als von Gott geschenkte Lebensform). In der muslimisch geführten Ehe sollen sich Mann und Frau in Liebe und Erbarmen gegenseitig begegnen. (Sure 30,21; in der Bibel geht die Liebe bis zur Selbstaufopferung: Eph 5,25). Eine muslimische Ehe endet automatisch mit dem Abfall des Mannes vom Islam (im Gegensatz dazu 1.Kor 7,12-14). Bleibt seine Frau dennoch bei ihm, kann sie wegen Ehebruch verklagt werden. Die Übertretung von islamischen Verboten wird beim Mann schwerer bewertet als bei Frauen, da dem Mann ein größeres Gewicht in der Gesellschaft und damit eine größere Gefährdung zugeschrieben wird. Fällt eine muslimische Frau vom Islam ab, soll sie nach drei islamischen Rechtsschulen hingerichtet werden oder nach einer anderen mit einem lebenslangem Hausarrest bestraft werden, während ein abgefallener Muslim laut allen vier islamischen Rechtsschulen hingerichtet werden muss (Sure 2,217; 9,5; 4,137; im Gegensatz dazu hat Abfall vom christlichen Glauben zwar Ausschluss aus der Gemeinde zur Folge, aber der Betreffende kann trotzdem Liebe und Barmherzigkeit erwarten: Lk 15,11-24; Mt 5,44-45). Im Ehe- und Familienrecht sieht der Islam die Vorrangstellung des Mannes vor. Der Mann als Familienoberhaupt hat die Entscheidungsgewalt über den Wohnort der Familie, die Partner- und Berufswahl, den Handlungsspielraum der Frauen und Kinder und deren Ausbildung. Vermehrte Rechte kann der Mann vor allem im Erb-, Zeugen-, Ehe-, Scheidungs- und Kindschaftssorgerecht beanspruchen. So ist die Polygamie nur für den Mann erlaubt (Sure 4,3.129: maximal vier Ehefrauen und beliebig viele Sklavinnen; im Alten Testament wurde die Vielehe zwar geduldet, s.a. 5.Mo 17,17, aber nicht gutgeheißen und steht im Gegensatz zum biblischen Schöpfungsbericht: 1.Mose 5,1-2: ein Mann mit einer Frau und Eph 5,31; 1.Tim 3,2). Ein Muslim muss seine Frauen gut versorgen. Er darf (im Gegensatz zu den muslimischen Frauen) Christinnen und Jüdinnen heiraten (Sure 5,5; keine Heidinnen: 2,221; nach der Bibel soll in keinem Fall ein/e Nichtchrist/in geheiratet werden: 1.Kor 7,39; 2.Kor 6,14). Ein Muslim kann sich von seiner Frau wesentlich leichter scheiden lassen (ohne Gründe), als seine Frau sich von ihm. Bei Christen ist Scheidung nur nach Ehebruch eines Partners möglich (Mt 5,32). Nach Koran darf der Muslim seine geschiedene Frau erst wieder heiraten, nachdem sie vorher einen anderen geheiratet und sich wieder von diesem geschieden hat (Sure 2,230; das steht im Widerspruch zu Jeremia 3,1 und 5.Mose 24,1-4). Er kann jederzeit (außer während der Menstruation: Sure 2,222) sexuellen Verkehr mit seiner Frau verlangen und diese muss ihn gewähren (Sure 2,224). Laut Hadith hat aber auch seine Frau Anrecht auf sexuellen Verkehr.

Der Koran räumt dem Mann nach Sure 4,34 ausdrücklich für bestimmte Situationen das Züchtigungsrecht mit körperlichen Strafen über seine Frau(en) ein (im Gegensatz zu Eph 5,22-33; 1.Kor 13,4-7). Kein Mann kann seine Ehefrauen gleich stark lieben; Abneigung gegenüber einer seiner Frauen soll er verheimlichen (Sure 4,129). Söhne erben doppelt so viel wie Töchter (Sure 4,11), da sie für die Versorgung der Familien zuständig sind. Das Blutgeld für einen ermordeten Muslim ist höher als für eine ermordete Muslima. Das Zeugnis eines Mannes vor Gericht wiegt doppelt so viel wie das einer Frau (Sure 2,282). Bei einer Scheidung stehen dem Vater alle Kinder zu, die Jungen ab dem 7. Lebensjahr, die Mädchen mit dem 10. bzw. 12. Lebensjahr. Die Mutter hat danach keinerlei Rechte mehr über ihre Kinder. Die Männer stehen eine Stufe über den Frauen (Sure 4,34; 2,228) mit der Begründung, dass Gott das so eingerichtet hat und Männer die Pflicht haben, für den Familienunterhalt aufzukommen (vgl. Verordnung in 1.Kor 11,3; Eph 5,23; doch Gleichberechtigung 1.Kor 12,13; Gal 3,28). Diese männliche Pflicht der Versorgung kann von der Frau gerichtlich eingeklagt werden, wie umgekehrt ihre sexuelle Verfügbarkeit. Männer sollen ihre Eltern ehrfurchtsvoll behandeln und im Alter versorgen (Sure 17,23-27). Da Frauen um der Familienehre willen traditionell eher zu Hause bleiben, wird das öffentliche Leben hauptsächlich von den Männern geprägt. Muslimische Männer befriedigen ihre emotionalen Bedürfnisse viel stärker bei Männern, als das in der westlichen Welt der Fall ist. Homosexuelle Männerbeziehungen sind unter Muslimen nicht unbekannt aber verboten (Sure 4,16; 7,81; 26,165f; 27,54f) und führen zur Auspeitschung bei Ledigen und zur Hinrichtung bei Verheirateten (gleiche Behandlung wie bei heterosexuellem Ehebruch).

 

Orientierung 2006-01; 15.02.2006

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