Das Eisbergprinzip

01.10.2020
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Das Eisbergprinzip

Der größte Teil des Eisbergs liegt unter der Wasseroberfläche, nur ein kleiner Teil ist sichtbar. So ist es auch mit dem Sprachelernen: Vieles, was wir lernen, bleibt erst einmal „unter der Oberfläche“, bilden eine Art Eisberg im Gedächnis des Lernenden.

An der Spitze des Eisbergs befinden sich Wörter, die der Lernende sicher und regelmäßig verwendet. Unten, an der Basis, sind die Wörter, die dem Lernenden zwar bekannt vorkommen, die er aber noch nicht versteht. Je öfter er Wörter in verstehbaren Zusammenhängen hört, desto schneller bewegen sie sich im Eisberg aufwärts: von Verstehen, aber noch nicht aktiv verwenden können bis oben an die Spitze, wo er Worte sicher und ohne Nachdenken gebraucht. Das ist das Prinzip des Sprachelernens im Alltag!

Häufig wird viel Zeit und Energie darauf verwandt, neue Worte so zu lernen, dass man sie gleich aktiv verwenden kann. Leider ist es jedoch so, dass man einen großen Teil des Gelernten bald wieder vergisst – nur die praktische Übung verankert unser neues Wissen.

Effektiver ist es, neue Worte in den Unterwasserbereich des Eisbergs einzubauen und sie von selbst aufsteigen zu lassen. Mit der Mühe, mit der jemand 300 Worte auswendig lernt (und einen Teil wieder vergisst), fügt ein anderer 1000 Wörter zu der Basis seines Eisbergs zu, d.h. er versteht sie nur passiv. Aber der passive Wortschatz darf nicht verachtet werden! Er trägt wesentlich dazu bei, dass der Lernende versteht, was um ihn herum vorgeht. Was nützt es, wenn er seine Frage fehlerlos stellt, aber mit der Antwort nichts anfangen kann?

Je öfter er das neue Wort in verstehbaren Zusammenhängen wieder hört, desto schneller steigt es aufwärts Richtung aktiven Wortschatz.

Die Vorteile sind: Wenn das verstehende Zuhören im Vordergrund steht, bleibt mehr Energie, um Neues aufzunehmen. Auch die Freude an Kontakten und am Sprache lernen bleiben erhalten. Stress und Frust werden zumindest verringert. Sonst bleibt oft das Gefühl „sich nichts merken zu können“.

 

Die drei Schlüssel:
1. Der Lernende sammelt durch aktives Zuhören Wörter für den Teil des Eisberges unter Wasser.
Bevor er selbst spricht, hört er viel zu, um Wörter an der Basis des Eisbergs einzubauen.
2. Er setzt sich viel mit „verstehbarem Input“ auseinander – dadurch steigen die Wörter im Eisberg nach oben.
Nicht Vokabelbüffeln, sondern kommunikative Sprachlernübungen mit einem Muttersprachler tragen zum wirkungsvollen Sprachelernen bei.
3. Die Begegnungen mit neuen Wörtern sollten „echte Begegnungen“ sein, d.h. der Lernende setzt sich mit dem neuen Wort ernsthaft auseinander:
Wie klingt es? Was bedeutet es? Es wird mehrmals wiederholt und in Sätzen verwandt.

Ausführlichere Informationen erhalten Sie unter: integration-wycliff.de/deutsch-lernen

Zusammenfassung mit freundlicher Genehmigung von Wycliff e.V.

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