Kopfbedeckung für Muslima verbindlich?

Kopftuch oder Burka – eine Frage der Ehre? Herkunft und Praxis der Verschleierung muslimischer Frauen.

Manche muslimische Frauen kämpfen darum, den Schleier ablegen zu können – andere darum, das Kopftuch öffentlich tragen zu dürfen. Den Islam, den Muslim oder die Muslima gibt es nicht. Genauso vielfältig wie die Glaubensrichtungen sind die Kopfbedeckungen. Ich nenne hier einige Beispiele aus verschiedenen Ländern: Der Hidschab (arabisch Vorhang) beinhaltet mindestens eine Bedeckung des Kopfes oder mehr. Die Abaya erinnert an einen Mantel und dient als Ganzkörperschleier. Der Tschador (persisch Zelt) hat eine Halbkreisform und ist ein schwarzer Ganzkörperschleier. Der Nikab stammt aus der vorislamischen Beduinenkultur. Der schwarze Gesichtsschleier sollte vor allem gegen die Sonne und den Sand schützen. Die Burka mit ihren helleren Farben wird durch den Gesichtsschleier ausgezeichnet. Sie wird in Afghanistan, Indien und Pakistan getragen.

Schutz oder Unterdrückung
Es gibt sehr unterschiedliche Gründe, sich zu verschleiern. Muslima fühlen sich geschützt, wenn sie ihr Kopftuch tragen. Sie wollen Respekt. Manche Väter erwarten von ihren Töchtern, dass sie sich nicht an der westlichen Welt orientieren. Ehemänner wollen den Schutz ihrer Frauen vor den Blicken anderer Männer. Der Schleier soll vor Schande bewahren. Manche Töchter widersetzen sich ihren liberaleren Müttern und beginnen in Europa wieder, ein Kopftuch zu tragen. Es gibt sehr modische Varianten bei den jüngeren Kopftuchträgerinnen. Andere empfinden Gruppenzwang und wollen einfach dazugehören. In manchen islamischen Frauengruppen wird gelehrt, dass sie durch das Tragen des Kopftuchs Gott gefallen und sonst von ihm bestraft werden.

„Verschleierte“ Suren
Im Arabischen bedeutet „hidschab“ Vorhang und bezeichnet ursprünglich kein Kleidungsstück. Vielleicht sollten die Frauen Mohammeds einfach hinter dem Vorhang bleiben, wenn sie mit anderen Männern reden wollten. Bis heute gibt es keine einheitliche Auslegung der Suren 24,31 und 33,53 + 59.

In Deutschland gehörte das Kopftuch bis 1960 noch zum Straßenbild. Als Arbeitsschutzbekleidung kommt es in abgewandelter Form immer noch vor. Diakonissen tragen bis heute eine Tracht, die eine Kopfbedeckung einschließt. Die verheiratete Frau im 19. Jahrhundert trug eine Haube, womit sie sich ohne Begleitung in der Öffentlichkeit zeigen konnte. Der ledige Stand der Diakonissen wurde mit der Tracht an den Stand der Verheirateten angepasst.

Scham und Ehre
Nach der Bibel kann nur Gott Anspruch auf Ehre erheben, weil er alles besitzt. Da aber Gott uns Menschen nach seinem göttlichen Ebenbild schuf, beauftragt er uns, auch Eltern, Alte, Könige, Witwen und Vorgesetzte zu ehren und zu achten. „Ehre, wem Ehre gebührt“, konstatiert Paulus im Römerbrief 13,7. Das Gegenteil von Ehre ist Schande. Die Bibel kennt Schande und Scham, aber keine Familienehre. Westliche Frauen erwerben Ehre durch Leistung und Erfolg.

Dagegen können Frauen die Familienehre
(namus in Arabisch, Kurdisch, Persisch, Türkisch und Urdu) nur verlieren. Die Aufgabe ihrer Männer besteht darin, sie zu bewahren oder wieder herzustellen. Menschen im Osten sind sogar bereit, dafür ihr Leben zu geben oder jemanden zu töten. Hier geht es um das bekannte Stichwort „Ehren-Mord“. Manche finden in Sure 17,33 ihre Begründung dafür. Der Ehrenmord soll die entstandene Schande oder die Beschmutzung durch Blut beseitigen.
Damit es dazu nicht kommen „muss“, signalisieren viele Frauen im Orient bereits durch ihr Kopftuch: „Ich schütze meine Ehre!“ – Kopftuch oder Burka – heute im Islam tatsächlich eine Frage der Ehre!

Orientierung 2013-03; 26.06.2013
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