Sklaverei in Deutschland
“Ich rufe Freiheit aus für die Gefangenen, ihre Fesseln werden nun gelöst und die Kerkertüren geöffnet.” Jesaja 61,1b
Gegenwärtig gibt es weltweit mehr Sklaven als jemals zuvor in der Geschichte. Moderne Sklaverei in Deutschland sieht anders aus, als in den Ländern, die man gedanklich vielleicht schneller mit dem Thema assoziieren würde. Zwangsprostitution ist die Versklavung eines Menschen für Sex und findet in Deutschland täglich in unserer Nachbarschaft statt. Man sieht es nicht so leicht, wenn man nicht weiß, welche Umstände die Menschen in der Versklavung halten.
Hoffnungslosigkeit, Armut und Zwang
Oft beginnt es mit Perspektivenlosigkeit. Viele junge Frauen, vor allem aus Osteuropa und Afrika, aber auch einige Deutsche, haben keine Aussicht auf Arbeit oder sie und ihre Familien stecken in einer großen finanziellen Not. Menschenhändler nutzen diese Aussichtslosigkeit und Armut aus, um sie mit falschen Versprechen nach Westeuropa zu locken. Ihnen wird eine gut bezahlte Arbeit versprochen, beispielsweise in einem Restaurant.
Im Zielland in Europa angekommen, müssen die Frauen meistens feststellen, dass es sich bei der Arbeit nicht um eine Stelle als Model oder Krankenpflegerin handelt, sondern dass sie in die Prostitution einsteigen sollen. Sie werden gezwungen in Bordellen, Wohnungen oder auf dem Straßenstrich zu arbeiten. Für die Täter handelt es sich bei dabei um ein äußerst lukratives Geschäft, denn im Gegensatz zu materiellen Dingen wie Drogen können Menschen mehrmals verkauft werden. Manche Frauen steigen anfangs aufgrund finanzieller Not freiwillig ein, werden dann aber oft von ihrem Zuhälter weiterverkauft und gegen ihren Willen bei der Arbeit gehalten. Sie werden Opfer von Zwangsprostitution. Durch Gewalt, Manipulation und Schuldknechtschaft werden sie in eine Abhängigkeit zu Zuhältern gebracht und ausgebeutet. In der Gesellschaft sind die Opfer kaum sichtbar, denn diese Form der Sklaverei findet mit unsichtbaren Fesseln statt.
Seit 2002 haben wir in Deutschland eine der liberalsten Gesetzgebungen zur Prostitution in Europa. Deshalb ist Deutschland Ursprungs-, Transit- und Zielland für Opfer von Menschenhandel zwecks sexueller Ausbeutung. Zudem hat durch Globalisierung, weltweiter Tourismus, abnehmende Grenzkontrollen, Korruption, Armut und Pornografie das Phänomen in den letzten Jahren weltweit zugenommen.
Ausstieg aus dem Milieu
Ein Ausstieg ist für die teilweise noch minderjährigen Opfer meist nur durch externe Hilfe und Unterstützung möglich. Es mangelt an Sprachkenntnissen, Wissen um rechtliche Lagen, Ausweispapieren, einem Wohnsitz sowie Finanzen. Dazu kommt die Angst vor Tätergruppen, eine große Scham, Suchtproblematiken, Schulden sowie Traumatisierungen, die den Ausstieg ohne Hilfe fast unmöglich machen.
Trotz der schwierigen Umstände gibt es immer wieder Frauen, die sich entscheiden auszusteigen. Oft beginnt dieser Weg damit, dass Ihnen von Streetworkern im Milieu Mut gemacht wird: Es gibt Hoffnung auf ein freies Leben! Die Frauen hören in ihrem Alltag meistens nur, dass sie nicht genügen, härter arbeiten sollen und mehr Geld einbringen müssen. Ermutigung und Wertschätzung kennen sie nicht. Gerade deshalb sehen es viele Streetworker als Privileg und auch Herzensmotiv, den Frauen Mut und Leben zusprechen zu dürfen. Ihnen zu sagen wie wertvoll, einzigartig und geliebt sie sind.
Was kann ich schon dagegen tun?
Angesichts der grausamen Verbrechen, die durch Menschenhandel täglich geschehen, hinterlässt die Konfrontation mit dem Thema bei einem selbst oft das Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit. Einen Unterschied zu machen und gegen diese Ausbeutung zu kämpfen, beginnt aber schon im Kleinen. Zum Beispiel im persönlichen Gebet.
Einfluss nehmen!
- Beten
Jeder Kampf beginnt im Geistlichen – Gebet kann Berge versetzen - Sich schlau machen
Informationen sammeln über Internet, TV, Bücher, Zeitschriften etc. - Darüber reden
Im Freundeskreis persönlich oder über die Sozialen Medien, Leserbriefe schreiben - Einfluss auf die Politik nehmen
Briefe schreiben oder Petitionen unterschreiben - Sich gegen die liberale deutsche Prostitutionsgesetzgebung einsetzen
- Hilfsorganisationen, die gegen Menschenhandel kämpfen mittels Spendenunterstützen
- Betroffenen Frauen Hilfe anbieten(beispielsweise Polizei rufen)
- Schulungen besuchenund aktiv in einem Streetworkteam im Milieu mitarbeiten
Fakten:
- Heute gibt es weltweit ca. 45 Millionen Sklaven – das sind mehr als je zuvor
- Jährlich werden etwa eine halbe Million Frauen und Kinder von Ost- und Mitteleuropa nach Westeuropa gehandelt
- Mit einer Frau in Zwangsprostitution kann laut BKA pro Jahr 35.000 – 100.000 € Gewinn erzielt werden. Je jünger die Person, umso höher die Einnahmen
- Mehr als 90% der registrierten Opfer kommen aus Europa
- Ca. 60 % der Prostituierten in Deutschland haben sexuelle Gewalt in der Kindheit erlebt
- Fast 70% entwickeln eine Posttraumatische Belastungsstörung in der Prostitution
Quellen: Internationale Organisation für Migration, Global Slavery Index, BKA, Melissa Farley, 2003
Hier kann man sich weiter informieren:
Mission Freedom e.V. www.missionfreedom.de
Gemeinsam gegen Menschenhandel www.ggmh.de
Netzwerk gegen Menschenhandel www.netzwerkgm.de
aus: Orientierung: M #magazin 1 2019