Woher kommt der Wunsch, Magie zu praktizieren, und wie können Christen darauf reagieren und anderen helfen?
Für viele ist der „ganze okkulte Krempel“: Wahrsagerei, Besprechung von Kranken, Amulette, Beschwörung von Geistern … einfach „Quatsch“. Anderen erscheint das „Spiel“ mit den unbekannten, unsichtbaren Mächten und Kräften faszinierend und reizvoll. Für manche ist es der letzte, hoffentlich rettende Strohhalm, nach dem sie in ihrer Verzweiflung greifen – wenn kein Arzt und keine Medizin dem kranken Kind mehr helfen können; wenn die Ungewissheit über verschollene Angehörige nicht mehr auszuhalten ist; wenn der sehnliche Kinderwunsch nicht in Erfüllung geht und eine Frau befürchten muss, dass ihr Ehemann sie verstoßen und sich eine andere Frau nehmen wird…
Nach fast dreißig Jahren ist mir die Szene immer noch in lebendiger Erinnerung: Abends auf dem Rückweg vom Arabisch-Unterricht kam ich in einem Altstadtbezirk von Tunis über einen kleinen Platz mit einem „Marabout“, Grabbau eines als besonders fromm verehrten Muslims. Von einem solchen Ort sollen nach volksislamischen Vorstellungen besondere helfende und heilende Kräfte (Baraka – Segen) ausgehen. An diesem Abend brannten in einer der kleinen Fensternischen dieses „Marabout“ ein paar Kerzen, und an die Gitterstäbe klammerte sich eine alte Frau, wie es schien in verzweifeltem Gebet.
Was wird ein Toter schon helfen? Was nützen Amulette oder „blaue Augen“ oder die „Hand der Fatima“? Das ist doch alles nur Blech oder Glas, Papier oder Holz. Schrecklich, wenn jemand dazu seine Zuflucht nehmen muss, weil er keine andere kennt! – Aber manchmal ist es noch schlimmer, wenn es etwas „hilft“. Denn durch diesen „Glauben“ an Gott vorbei oder gegen Gott öffnen Menschen finsteren Mächten die Tür, von deren Existenz die Bibel deutlich redet. Solche Mächte werden regiert von dem, den Jesus als „Lügner“ und „Menschenmörder von Anfang an“ (Joh 8,44) bezeichnete. Wenn sie „helfen“, dann letztlich, um umso mehr zu betrügen, irrezuführen, zu belasten (z.B. durch Angstträume) und schließlich zu zerstören.
… und wenn einem Menschen dann bewusst wird: Gott hat solche Praktiken, auf die ich mich in meiner Verzweiflung eingelassen habe, ja eigentlich verboten (oder hat Er sie doch nicht verboten? – vgl. Minikurs, S. 17) und wenn man dann keine Gewissheit erhält, ob Er wirklich vergibt, selbst wenn man bereut und um Vergebung bittet – wie soll es dann möglich sein, bei Gott Frieden und Geborgenheit zu finden?
Wie die magischen Praktiken die Beziehung zu Gott zerstören, so untergraben sie auch das zwischenmenschliche Vertrauen. Die Befürchtung, jemand könne einem im Geheimen durch den „bösen Blick“ oder durch Flüche Schaden zufügen wollen, schafft eine Atmosphäre von Verdächtigungen und Angst.
Wie Schafe, die keinen Hirten haben
Von Jesus Christus wird einmal berichtet: „Als er die Volksmenge sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und verschmachtet waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ (Mt 9,36) Er sah Menschen, die dem Namen nach „Söhne Abrahams“ waren, aber völlig selbstbezogen lebten und so „munter“ sündigten, als gäbe es keinen Gott – und „Religiöse“, die sich bemühten, eine Menge von Vorschriften einzuhalten, aber eigentlich ohne persönliche Beziehung zu Gott lebten. Beide Gruppen waren im Grunde „Schafe ohne Hirten“.
Solange äußerlich alles glatt geht, die Schafe genügend Futter finden, nicht krank sind oder von Wölfen bedroht werden, scheint auch ohne Hirten alles in Ordnung. Wenn aber alles ins Wanken gerät, dann zeigt sich oft, dass eine Religion, die im Wesentlichen aus einer Reihe von Geboten und Riten besteht, wenig hilft. In Situationen der Angst und Verzweiflung reicht sogar ein Glaube an Gott nicht aus, wenn dieser Gott eher als eine Schicksalsmacht erscheint und nicht wie ein liebender Vater. Da wird (nach unserer Beobachtung) die Hilfe oft nicht in vertrauensvollem Gebet bei dem lebendigen Gott gesucht – der scheint zu weit weg zu sein, und den kennt man ja auch eigentlich gar nicht – sondern im Griff nach dem „okkulten Strohhalm“. Und solche „Hilfe“ erweist sich als trügerisch.
Wenn Jesus Christus das sieht, tritt Er nicht als Ankläger oder Richter auf – so sehr Er alle magischen Machenschaften ablehnt. Ihn packt das Erbarmen über diese „Schafe ohne Hirten“!
Der gute Hirte
Ich bin froh und dankbar, dass die Bibel mehr zu bieten hat als nur ein Verbot, sich auf magische Praktiken einzulassen, oder eine „aufgeklärte“ Theorie, die alle okkulten Vorstellungen für „Aberglauben“ erklärt. Sie stellt uns den guten Hirten vor, bei dem wir in allen Situationen Geborgenheit und Schutz finden können. Ich erinnere uns hier nur an folgende Aussagen im Neuen Testament:
Im Johannes-Evangelium bezeichnet Jesus Christus sich selber als den guten Hirten. Er zeigt uns, wie sehr Er uns liebt und sich für uns einsetzt: „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (Joh 10,11)
Durch Sein Leiden und Sterben hat Er uns mit Gott versöhnt. Wir müssen nicht mehr Angst vor der Strafe Gottes haben, weil Er unsere Schuld bezahlt hat. Wir können gewiss sein, dass Er „uns alle Vergehungen vergeben“ hat (Kol 2,13). So haben wir wirklich Frieden mit Gott.
Jesus Christus stellt eine persönliche Beziehung zwischen Ihm selber und uns her: „Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich“ (V. 14). – „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir“ (V. 27).
Er schenkt uns schon jetzt wahres Leben: „ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben.“ (V. 10) Er gönnt uns gerne Gutes – aber auch im Leiden und sogar im „Tal des Todesschattens“ (Ps 23,4) ist Er bei uns und begleitet uns.
In der Beziehung zu diesem guten Hirten haben wir Hoffnung über die Begrenzung des irdischen Lebens hinaus: „ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben.“ (V. 28) – Wir müssen nicht um jeden Preis alle Erfüllung „hier und jetzt“ haben wollen.
Da er alle finsteren Mächte am Kreuz besiegt hat, kann Er uns auch Anteil geben an Seinem Sieg: „er hat die Gewalten und die Mächte völlig entwaffnet und sie öffentlich zur Schau gestellt. In ihm hat er den Triumph über sie gehalten.“ (Kol 2, 15) – Durch unseren Herrn und in der Verbindung mit Ihm haben wir auch Schutz vor okkulten Angriffen, Flüchen etc.
Er selber als Person ist die Antwort auf das Problem der Magie: Er führt heraus aus allem Aberglauben zum wahren Glauben an den lebendigen Gott; Er befreit von okkulten Bindungen, indem Er die Schuld vergibt und Menschen aus dem Gefängnis finsterer Mächte herausführt; Er schützt vor okkulten Angriffen; indem Er als der Wahrhaftige und Liebende uns Geborgenheit schenkt, bewahrt Er uns vor der Versuchung, nach trügerischen „Hilfsmitteln“ zu greifen – und Er schenkt, was Magie niemals bieten kann: wahres, ewiges Leben.
Orientierung 2011-02; 20.04.2011