Unerwartete Begegnungen nützen

In verschiedenen Situationen ergeben sich manchmal unerwartet gute Möglichkeiten zum Gespräch. Wir können an das, was wir sehen oder hören, anknüpfen. Nicht immer müssen wir gleich das ganze Evangelium erklären. Auch Fragen zu stellen, die zum weiteren Nachdenken anregen, ist ein wichtiger erster Schritt

 

Bei einem interkulturellen Fest

Die Evangelische Allianz hatte in einer deutschen Stadt einen Stand an einem interkulturellen Stadtfest. Bei dieser Gelegenheit kam ein afghanischer Besucher vorbei. Ihm fielen Farben von einem Dekostoff auf. Er reagierte nachdenklich. Ich fragte ihn, warum er so nachdenklich sei. Er sagte, die Farben erinnerten ihn an seine Heimat. Das griff ich auf: „Ja, Gott hat alles so schön gemacht. Afghanistan hat eine so schöne und beeindruckende Landschaft. Aber was haben die Menschen daraus gemacht? Es ist sehr traurig.“ Der Mann nickte. Er empfand wohl genauso. Ich versuchte weiterzuführen: „Wo liegt das Problem? Wenn die Menschen egoistisch sind, wenn die Menschen nicht Gottes Geboten folgen, die er z. B. durch Mose und Jesus gegeben hat, sondern nach eigenen, anderen Regeln leben. Jesus sagt: Liebe Gott von ganzem Herzen und liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Das bedeutet: tue so viel für den anderen wie für dich selbst. Das funktioniert in der Familie und in der Gesellschaft, überall. Wenn man so lebt, kommen auch ganz verschiedene Menschen miteinander klar“. Leider war dann die Zeit um. Manchmal ist es einfach wichtig, dem Missverständnis zu begegnen, wir als Christen hätten keine Regeln und würden es uns leicht machen. Außerdem geht es in erster Linie darum, Jesus in den Mittelpunkt zu stellen. Seine Worte sind nicht nur Glaubenssätze, sondern gerade auch Lebenshilfe.

 

Besuch am Tag der offenen Moschee

Neugierig betrat ich die kleine Moschee und wurde nett, aber auch ein bisschen unsicher empfangen. Das war eine Brücke, ich fühlte mich auch unsicher. Zuerst wurde mir erklärt, dass die Trennung von Mann und Frau im Gottesdienst in der Bibel stehen würde. Ebenso, dass eine Frau sich verhüllen muss. Der Mann hatte einen zehnteiligen Kurs absolviert, wo er das gelernt hatte. Dann ging es um das Thema Schweinefleisch, das ja auch in der Bibel vorkommt. Bei diesem Thema konnte ich ihm erklären, was Jesus dazu sagt, und dass es im täglichen Leben darauf ankommt, in Gedanken, Worten und Taten zu unterscheiden, was vor Gott rein (gut und richtig) ist und was nicht. Das ist Gottes eigentlicher Wille, und das macht nicht nur einen selbst glücklich, sondern auch die Menschen, mit denen man zu tun hat. Wir sprachen noch über die Bibel und Vergebung. Gegen Ende des Gesprächs erwähnte der Mann die negative Berichterstattung über den Islam in den Medien: „Da ist zu viel von Gewalt die Rede. Da liegt ein Missverständnis vor, denn der Islam ist gegen Gewalt“. Ich fragte leise: „Haben Mohammed und die ersten vier Kalifen den Islam auch missverstanden? Denn ich habe ihre Schwerter gesehen“. Der Mann antwortete: „Sie haben dies von jemand falsch gehört“. Ich entgegnete: „Nein, ich stand mit vielen Besuchern vor den Schwertern der ersten Kalifen, die im Topkapi-Palast in Istanbul ausgestellt sind“. Das war dem Mann neu. Der nächste Besucher unterbrach das Gespräch, wir verabschiedeten uns freundlich. Es war schön, über solche wichtigen Dinge in Ehrfurcht vor Gott und mit Respekt vor dem Gesprächspartner reden zu können. Ich möchte lernen, im Gespräch mehr Fragen zu stellen, die zum Nachdenken anregen.

 

Orientierung 2010-05; 20.11.2010. Sie dürfen diesen Artikel frei kopieren unter Angabe der Herkunft: orientierung-m.de