Medina – die Urzelle der islamischen Gemeinschaft

Der Name Medina (vorislamisch: Yathrib) heißt übersetzt „die Stadt“. Mit 1,7 Millionen Einwohnern (2010) liegt sie im Gegensatz zu Mekka in einem fruchtbaren Tal. Nach Mekka gilt Medina als zweitwichtigste Stadt für Muslime. Sie ist die Urzelle der islamischen Gemeinschaft. Die Auswanderung Mohammeds von Mekka nach Medina ist der Beginn der islamischen Zeitrechnung. In Medina ändern sich Mohammeds Verhalten und die Aussagen des Koran gravierend.

Geschichte der Stadt Medina

Vom römischen Kaiser Hadrian um 135 n. Chr. verfolgte jüdische Stämme flüchten von Israel auf die Arabische Halbinsel: die Stämme Qainuqa, Nadir und Quraiza ziehen nach Yathrib. Blutige Auseinandersetzungen mit den später zugezogenen arabischen Stämmen der Aus und
Chazradsch führen zu deren Vorherrschaft. Die Juden müssen sich an die Stadtränder zurückziehen und bauen ihre Häuser zu kleinen Festungen aus. Eine Serie von Kriegen folgt. Die Situation bleibt sehr explosiv.

Mohammed vor der Auswanderung (Hidschra)

Mohammeds Beschützer Chadidscha (seine erste Frau) und Abu Talib (sein Onkel und Führer der Sippe Haschim) sterben 620 n. Chr. Die Mekkaner verfolgen die Muslime. Jetzt scheint es nur eine Frage der Zeit, bis sie auch Mohammed töten. Deshalb ist er auf der Suche nach neuen Beschützern. Abgesandte der Chazradsch kommen während einer Pilgerfahrt 620 n. Chr. auf ihn zu. Sie bitten ihn, als Streitschlichter in ihrer hoffnungslosen Situation zu vermitteln. Vielleicht liegt es auch an der Vorhersage der Juden in Medina, die einen Propheten ankündigten, der Frieden schaffen wird. 621 verpflichten sich 12 und 622 weitere 70 Araber aus Medina, Mohammed mit ihrem Leben beizustehen (Erste und zweite Huldigung von Aqaba). Mohammed findet damit seinen neuen Schutz. 622 gehen 70 Konvertiten von Mekka nach Yathrib voraus, um Mohammeds Ankunft vorzubereiten. Die muslimischen Konvertiten aus Yathrib heißen Ansar (Helfer), die Konvertiten aus Mekka Muhadschirun (Auswanderer).

Die Flucht, der Umzug (Hidschra)

Am 24. September 622 n. Chr. flüchten Abu Bakr und Mohammed heimlich in 12 Tagesreisen (ca. 430 km) von Mekka nach Medina. Noch in Mekka heiratet Mohammed seine zweite Frau Sauda und in Medina heiratet er das sechsjährige Mädchen Aischa, die Tochter von Abu Bakr, dem späteren ersten Kalifen. Er ist zeitweise mit bis zu neun Frauen gleichzeitig verheiratet.

Der Vertrag von Medina

Mohammed bindet alle Streitparteien an einen Vertrag, die „Gemeindeordnung von Medina“. Darin einigt er die zerstrittenen Stämme. Alle sind laut Vertrag gleichberechtigt unter seiner Leitung als Schlichter und Richter. Juden dürfen ihren Glauben behalten. – In Medina ist der Islam nicht mehr nur eine Religion, Anbetung des einen Gottes, sondern zugleich weltliche, staatliche Ordnungsmacht. Die in Medina offenbarten Korantexte enthalten zunehmend gesetzliche Regelungen für Alltagsfragen wie Ehe, Erbschaft, Gerichtsprozesse etc.

Ab diesem Zeitpunkt dürfen sich Muslime physisch verteidigen: Sure 2,190-191. Später dürfen sie auch angreifen und sogar den Islam mit Gewalt verbreiten.

Finanzprobleme

Viele der ausgewanderten Muslime sind arm. Mohammed genehmigt kleinen Gruppen, Karawanen aus Mekka zu überfallen. Ohne Erfolg. Bis er im Januar 624 einen blutigen Überfall bewilligt, der während eines der vier heiligen Pilgermonate stattfindet. Ein Bruch des arabischen Brauchtums. Mohammed empfängt eine passende Rechtfertigung (2,217).

Mohammeds Einstellung zu den Juden

Mohammed sieht in den wohlhabenden Juden als Buchbesitzer natürliche Verbündete (Sure 45,16). Er will sie für den Islam gewinnen. Er leitet die Muslime an, nach dem Vorbild der Juden in Richtung Jerusalem zu beten (Dan 6,11), dreimal nach den drei „jüdischen“ Gebetszeiten: Morgengebet, Abendgebet, Nachtgebet. Er führt eine Almosensteuer ein und verbietet und erlaubt bestimmte Speisen, ähnlich wie die Juden (16,115; 2,168). Beim jüdischen Yom Kippur sollen Muslime das Aschura-Fasten halten.

Warum lehnen die meisten Juden Mohammed als Prophet ab?

Mohammed behauptet, er sei der Prophet, der in der Thora und dem Evangelium angekündigt wurde (7,157). Das können allerdings die meisten der Juden nicht anerkennen. Gründe dafür sind unter anderem: Er vermischt die Thora mit der Mischna und Folkloregeschichten der Juden. Er übernimmt Irrtümer in den Koran, die diese bewusst an ihn lancieren. Er isst für Juden verbotenes Kamelfleisch (3.Mo 11,3). Er akzeptiert Jesus Christus als Propheten. Auf Grund dieser Ablehnung ändert Mohammed 16 Monate nach seiner Ankunft in Medina und einen Monat vor der Schlacht von Badr, im Februar 624, die Gebetsrichtung von Jerusalem nach Mekka (2,142-145). Eine Offenbarung erklärt, dass die Kaaba von Abraham gegründet wurde (2,124-127; 8,33-34). Statt des Aschura-Fastens wird der Fastenmonat Ramadan eingeführt. Außerdem beginnt Mohammed, theologisch zurückzuschlagen und die Juden zu diskreditieren. Am Ende verbietet er jeden weiteren Kontakt mit Christen und Juden (5,51). Juden seien Unruhestifter auf der Erde (5,64). Abraham sei kein Jude gewesen (3,67). Die Absolutheitsansprüche der Juden und Christen (2,111-113) seien falsch (3,23). Wer einer anderen Religion als dem Islam folgt, wird nicht ins Paradies kommen (3,85).

Kriege, Vertreibung und Ausrottung

Parallel zu den theologischen Konflikten entwickeln sich auch die politischen und militärischen Konflikte mit den Andersgläubigen. Er lässt einzelne Spötter unter ihnen durch Attentate beseitigen. Mohammed will eine Karawane, die von Syrien nach Mekka unterwegs ist, mit 313 Männern überfallen. Als der Karawanenführer davon erfährt, fordert er Hilfe aus Mekka an. Mohammed besiegt die Übermacht von 1.000 Kämpfern mit geringen Verlusten in der Schlacht von Badr im März 624 n. Chr. Nach diesem Sieg vertreibt Mohammed den ersten jüdischen Stamm, die Qainuqa aus Medina. Er vermutet, dass sie ihn verraten werden (8,58). Die Vertreibung entzündet sich an einer einzelnen Provokation. Auf dem Markt in Medina bindet ein Jude den Rock einer knienden Muslima heimlich hoch. Als sie sich aufrichtet, wird sie entblößt. Es gibt zwei Tote. Das reicht Mohammed für die Belagerung der Qainuqa. Nach 15 Tagen geben die Juden auf. Sie müssen ihre Handwerksgeräte zurücklassen und ziehen nach Syrien. Im März 625 n. Chr. erleben die Muslime eine Niederlage in der Schlacht von Uhud (Berg nördlich von Medina). Mohammed wird verletzt. Doch Medina wird von den Mekkanern unerklärlicherweise nicht eingenommen. Anfang September 625 n. Chr. belagert Mohammed jetzt auch die Juden vom Stamm Nadir. Anlass ist die Weigerung der Juden, obwohl sie vertraglich verpflichtet sind zu helfen, Geld für eine Blutschuld zu zahlen. Sie zögern. Und Mohammed fürchtet, dass sie ihn mit einem Stein vom Dach töten wollen. Daraufhin belagert er ihre befestigten Häuser. Ist Mohammeds Verhalten verhältnismäßig? Nach 15 Tagen erfolgloser Belagerung lässt Mohammed ihre Palmplantagen abholzen, obwohl dies nach arabischer Sitte und mosaischem Gesetz verboten ist. Mohammed rechtfertigt es mit Sure 59,2.4-5. Auch die
Nadir-Juden kapitulieren und müssen Medina verlassen. 627 n. Chr. ziehen die mekkanischen Quraisch aus, um das Problem Mohammed ein für alle Mal in der sogenannten Grabenschlacht loszuwerden. Sie stellen sich mit 10.000 Kriegern vor Medina auf. Ein von Mohammed vorbereiteter Graben an der Nordseite der Stadt Medina und ein starker Sandsturm irritieren die Mekkaner so sehr, dass sie ohne Erfolg wieder abziehen. Kurz darauf im März 627 n. Chr. lässt Mohammed den dritten jüdischen Stamm der Quraiza teils kaltblütig ermorden teils versklaven. Was ist der Anlass? Die Juden hätten Mohammed während der Schlacht in den Rücken fallen können, taten es aber nicht. Trotzdem will Mohammed sie auslöschen. Nach 25 Tagen Belagerung geben sie auf. Ungefähr 800 Juden werden nach der Gefangennahme in kleinen Gruppen geköpft. Ihre Kinder und Frauen werden versklavt und mit dem Erlös Waffen gekauft (33,26f). Im März 628 führt Mohammed eine 1.500 Personen starke Pilgergruppe in Richtung Mekka. Uthman, der spätere Kalif, handelt im Auftrag Mohammeds einen 10-Jahres-Friedensvertrag bei al-Hudaibiya aus. Mohammed verzichtet darin auf seine Bezeichnung als Botschafter Allahs. Doch die Mekkaner akzeptieren ihn als Vertragspartner, und er darf im Folgejahr die Pilgerfahrt nach Mekka vollziehen. 630 n. Chr., zwei Jahre nach Vertragsabschluss, reicht wieder eine kleine Provokation aus, um Mohammed einen Vorwand zu geben, den Vertrag für ungültig zu erklären. Mohammed dringt daraufhin mit 10.000 Anhängern ohne Gegenwehr in Mekka ein. In der Kaaba zerstört er alle Götterfiguren und führt den Islam ein. Mohammed lässt einige Spötter und Gegner hinrichten. Die Bevölkerung nimmt den Islam „freiwillig“ an. Amtsträger dürfen in ihren Ämtern und Positionen bleiben. Um ihren neuen Glauben, den Islam zu „befestigen“, erhalten sie gleich nach dem Sieg über den Beduinenstamm Hawazin im Tal von Hunain einen großen Teil der Beute. Auch nach der Eroberung von Mekka im Jahr 630 bleibt Medina die Hauptstadt des islamischen Herrschaftsgebietes. Mohammed stirbt (am 8. Juni 632) in Medina im Schoß seiner Lieblingsfrau Aischa.

Beurteilung

Liegt es an einer tiefen Depression, die Mohammed durch die Bedrohung und Ablehnung in Mekka erfahren hat oder an den gewalterfahrenen Medinensern, die ihm Treue bis in den Tod schwören und ihn damit erst auf den Gedanken bringen, Gewalt einzusetzen? Klar ist, in Medina lässt Mohammed sich zum Schlichter, Richter und absoluten Herrscher machen. Er wird Staatsmann, Gesetzgeber und militärischer Befehlshaber. Hier wird zum ersten Mal sichtbar, was es bedeutet, wenn der Islam zur Herrschaft kommt. Widerstand gegen Mohammed setzt der Koran jetzt mit Widerstand gegen Allah gleich. Gehorsam gegenüber Mohammed wird zum Gehorsam gegen Allah. Gottes Gericht im Jenseits ist jetzt Mohammeds Gericht im Diesseits. Mohammed widerspricht damit seiner eigenen früheren Offenbarung (Sure 16,126f). Oder ist das Gewaltthema bereits von Anfang an in der DNA des Islam enthalten? Durch die neue Lehre werden Beter, die unter der Gewalt der Götzendiener gelitten haben, zu solchen, die selbst Gewalt einsetzen. Eine gewaltbereite Religion entsteht. Mit den Umständen ändert sich die Theologie und Praxis Mohammeds. Deshalb kann uns der Islam heute auch so widersprüchlich vorkommen. Von Mohammeds völlig überzogener Aggressivität den Juden gegenüber können Muslime auch heute angesteckt und zu Terroranschlägen ermutigt werden. Gibt dieser Mohammed wirklich ein „schönes“ Beispiel? Warum ist Jesus Christus viel vertrauenswürdiger? Jesus macht keine falschen Kompromisse, um an die Macht zu kommen. Er baut an einem geistlichen Reich und passt seine Botschaft nicht den Einschüchterungen und Drohungen seiner Gegner an. Er ist bereit, bis ans Ende für die Wahrheit zu leiden und zu sterben. Für die Wahrheit setzt er keine Gewalt ein. Sein stellvertretendes Opfer am Kreuz ermöglicht es Menschen, wieder in die Gemeinschaft mit Gott dem Vater zu kommen. Eine völlig andere Dimension.

 

Orientierung 2015-03; 01.08.2015
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