Zakat – Sozialabgaben

Schlägt man das Wort „Zakāt“ in einem arabischen Wörterbuch nach, findet man neben „Almosen“ und „Armensteuer“ auch „Reinheit“ und „Gerechtigkeit“ als mögliche Bedeutungen angegeben. (Das „Z“ von Zakāt wird wie ein stimmhaftes „S“ ausgesprochen.) Zakāt ist abgeleitet von einem Verb, das sowohl „gedeihen, wachsen“ als auch „rein, gerecht, gut sein“ bedeuten kann. So wird dem Geben von Zakāt die Wirkung zugeschrieben, das Vermögen zu reinigen und segensreich zu vermehren – wie in einem Brunnen reines Wasser nachfließt, nachdem Wasser heraufgezogen wurde, und wie die Reben, die beschnitten werden, mehr Trauben hervorbringen. Zakāt wird im Koran an verschiedenen Stellen als eine der grundlegenden religiösen Pflichten erwähnt – oft in Verbindung mit dem Gebet (Sure 2,110). – Nach Sure 2,177 besteht wahre Frömmigkeit darin, Ver­wandten, Waisen, Bedürftigen, Reisenden und Bettlern Geld zukommen zu lassen und es für den Loskauf von Sklaven und Gefangenen auszugeben. In Sure 2,277 wird denen, die Zakāt entrichten, Gottes Lohn versprochen. – Auch Jesus waren laut Koran (Sure 19,31) Gebet und Almosen (Zakāt) von Gott anbefohlen worden. Schon zu Lebzeiten Mohammeds wurde Zakāt in der islamischen Gemeinschaft eine förmliche Steuer. Grundprinzipien ihrer Verwendung werden in Sure 9,58-60 genannt. Die islamischen Rechtsgelehrten fixierten später genau, unter welchen Voraussetzungen Zakāt zu geben war, und legten die Beträge, die zu entrichten waren, im Einzelnen fest. Zakāt ist eine der „fünf Säulen“ des Islam und deshalb für Muslime – wie Glaubensbekenntnis, rituelles Gebet, Fasten und Pilgerfahrt – unbedingt geboten. Regelmäßig einmal pro Jahr ist diese Abgabe zu entrichten. – Im Zusammenhang mit Zakāt ist es angemessener, nicht von „Almosen“ zu sprechen, sondern wegen ihres offiziellen und verpflichtenden Charakters eher von „Armensteuer“ (obwohl nicht nur Arme davon profitieren können), bzw. von „Sozial-“ oder „Pflichtabgabe“. – Zakāt wird auch in Deutschland von Muslimen entrichtet, die Kontakt zur Moschee haben. Neben der absolut gebotenen Zakāt gibt es auch noch das „Almosen des Fastenbrechens“, das zum Fest am Ende des Ramadan weitergegeben werden soll; dieses wird als „Pflicht“ bezeichnet, aber nicht als „unbedingt geboten“. – Als verdienstvoll gelten außerdem freiwillige „Almosen“ (sadaka); ein solches Almosen kann auch der Erlass von Schulden sein (2,280). Die freiwil­ligen Spenden sind an keine Zeit gebunden. Dass für alle Muslime Zakāt eine unbedingte Pflicht ist, bedeutet allerdings nicht, dass alle Muslime auch tatsächlich Zakāt entrichten müssen. Voraussetzung dafür ist, dass jemand Vermögen hat, das nach Abzug von Schulden und sogenannten „Grundbedürfnissen“ ein bestimmtes Mindestmaß (Nisab) übersteigt, und dass dieses seit einem vollen Jahr in seinem Besitz ist. Für einzelne Vermögenskategorien (Vieh, Edelmetalle etc.) wurden von den Rechtsgelehrten Mindestbeträge fe­stgelegt, von denen ab (im Rahmen einer islamisch organisier­ten Gemeinschaft) Zakāt zu entrichten sei. Zakāt ist zu entrichten für Gold, Silber, Bargeld, Handelswaren, Haustiere, Getreide und Früchte.

Beträge

Für Gold, Silber, Bargeld und Handelswaren sind unter genau festgelegten Bedingungen 2,5 % des Besitzes als Zakāt abzugeben, von Feld­früchten und Obst 10%, wenn der Boden durch Regen- oder Flusswasser bewässert wird, bei künstlicher Bewässerung 5%. Auch für die Zakāt der Haustiere gibt es besondere Regelungen. – Die Entrichtung der Zakāt bleibt zum Teil der Ehrlichkeit der Besitzer überlassen; allerdings werden dem, der die Zahlung der Zakāt vernachlässigt, drastische Strafen am Tag des Gerichts angedroht.

Verwendung

Nach Sure 9,60 ist die Zakāt bestimmt für:

die Armen (allerdings nicht für Arme innerhalb der eigenen engeren Verwandtschaft und auch nicht für nichtmuslimische Arme), die Bettler, die Einsammler und Verwalter der Zakāt, „die, deren Herzen zum Islam gewonnen werden sollen“ – wörtlich: „diejenigen, deren Herz vertraut gemacht wird“ (auf diese Weise können Herzen für den Islam gewonnen werden und so Werbung für den Islam betrieben werden oder können Konvertiten zum Islam auf ihrem neuen Weg unterstützt werden), den Loskauf von Sklaven und von Verschul­deten, die nicht imstande sind, ihre Schulden selber zu bezahlen, für Teilnehmer am „Heiligen Krieg“ und für fremde Reisende, die unterwegs ihr ganzes Geld aufgebraucht haben und keine Mittel mehr haben für ihre Heimreise. Zakāt ist damit traditionell ein wichtiges Instrument zum Zusammenhalt der islamischen Gemeinde (siehe Bouman, Johan, Christentum und Islam im Vergleich, Gießen / Basel, 1982, S. 21) und bietet islamischen Staaten „die Möglichkeit, den Islam zu festigen und auszubreiten.“           

 

Orientierung 2003-01; 15.06.2003

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