Wo man hinschaut …

„Es fällt nicht einmal ein Spatz auf die Erde,

ohne dass euer Vater es weiß.

Bei euch aber ist jedes Haar auf dem Kopf gezählt.

Habt also keine Angst!…“ – Jesus Christus

Anschläge, Terror, Vergewaltigungen, Tote, Verletzte. Wer kann diese Ereignisse ignorieren? Bei wem lösen sie nicht Angst aus?! Achten wir darauf, wo wir hinschauen und was oder wen wir auf keinen Fall aus dem Blick verlieren sollten? Jesus zettelte keinen Aufstand gegen die römischen Besatzer an. Wo er hinschaute, sah er die eigentliche Not und er unternahm etwas dagegen.

… sieht man Terror und Schrecken

Egal ob ich die Zeitung aufschlage, ­Fernsehberichte verfolge, Titel von Zeitschriften lese oder mit Bekannten spreche: es geht um Terror und Schrecken. Ich habe Bilder und Berichte von Paris, Köln, Istanbul, Syrien, Irak, Burkina Faso vor Augen. Betrachte ich bestimmte geschichtliche Teile der Bibel in den Büchern Richter, Könige oder Chronik, könnte ich zu der Feststellung kommen: nichts Neues unter der Sonne. Ich frage: Was machen diese Eindrücke mit mir? Sie prägen sich ein. Erzeugen lähmende Angst. Geht es mir wie dem sinkenden Petrus? „Als er die hohen Wellen sah, bekam er Angst“ (Mt 14,30).

 

… verbreitet sich Unsicherheit und Angst

Ich höre, dass Frauen zögern, weiterhin allein zu joggen. Manche meiden bewusst Menschenansammlungen. Andere Menschen denken an Selbstschutz und wie sie sich im Notfall verteidigen können. Es gibt begründete Ängste, die uns wachsam machen und zu besonnenem Handeln leiten. Aber wie leicht können Unsicherheit und Angst von uns Besitz ergreifen. Wir verkriechen uns in unsere Komfortzone und vermeiden jedes Risiko. Wie kann ich mich so steuern, dass ich meine Angst begrenze, bewältige oder verliere?

… das ist eben die Frage!

Wo schaute Jesus hin und was sah er? „Als er die vielen Menschen sah, ergriff ihn das Mitleid“ (Mt 9,36). Die damalige israelische Bevölkerung stand unter römischer Herrschaft, was Unterdrückung bedeutete und viele wirtschaftlich ruinierte. Das sah Jesus sicher auch. Aber welches Bild hatte Jesus vor Augen? Er sah seine Zeitgenossen wie hilflose und erschöpfte Schafe ohne Hirten. Als er sich den wahren inneren Zustand vergegenwärtigte, drehte sich ihm das Herz im Leib herum: ihnen fehlte Orientierung, Trost, Hoffnung, Glaube, Freude, Liebe. Und was schaute Jesus noch? Jesus sah eine reiche Ernte und zu wenige Erntearbeiter, um sie einzubringen (Mt 9,37). Wie wäre es, die Angst auslösenden Ereignisse zu einem Gebet zu machen? „Jesus, dir ist alle Macht gegeben, du bist der Herr, der jeden einzelnen Menschen sieht. Sende Mitarbeiter aus, die deine Herrschaft bekannt machen. Eine Herrschaft, die von innen her verändert, die von Vergeben, Lieben und Friede geprägt ist.“  Obwohl sich viele Flüchtlinge in Deutschland zunächst einmal sicherer fühlen, ist ihnen zu wünschen, den kennen zu lernen, der unsere tiefsten Sehnsüchte und Bedürfnisse nach Sicherheit und Frieden stillt.

… kann Vertrauen und Geborgenheit auslösen

Wo schauten Psalm-Beter hin? Einer sagt: „Du bist meine Zuflucht! Mein Gott, ich vertraue dir!“ (Ps 91,2) Er „sieht”, wie Gott seine Engel beauftragt, bestimmte Menschen zu beschützen (91,11). „Er hängt an mir mit ganzer Liebe, darum werde ich ihn bewahren. Weil er mich kennt und ehrt, werde ich ihn in Sicherheit bringen“ (91,14). Was erlebten Menschen in ausweglosen Situationen? „Ich wandte mich an den Herrn und er antwortete mir; er befreite mich von allen meinen Ängsten“ (Ps 34,5). Asaph dagegen schien festgefahren in seiner Not. In Psalm 77,11 betete er: „Von Gottes Macht ist nichts zu sehen, der Höchste tut nichts mehr für uns – das ist es, was mich quält!“  Doch er erinnert sich an frühere Taten und Wunder Gottes. Im nächsten Psalm betont er die Wichtigkeit, auf Gottes Worte zu hören (78,1) und es den Kindern nicht zu verschweigen (78,4-6). Wie schnell vergessen auch wir Gottes Wohltaten, seine Durch­hilfe, sein Versorgen und Bewahren!

… warten unzählige Ernteaufgaben

Jesus vermittelte seinen Jüngern eine ganz neue Blickrichtung. In Matthäus 10 bevollmächtigte und sandte Jesus seine Zwölf zu einem mehrtägigen Einsatz. Sie sollten zu Menschen des Volkes Israel, zu den „verlorenen Schafen“ gehen. Der Auftrag beinhaltete zu verkündigen, Kranke zu heilen, Tote aufzuerwecken, Aussätzige rein zu machen und böse Geister auszutreiben. Obwohl dieser Auftrag für viele Menschen Freude, Trost und Hoffnung bringen würde, sah Jesus realistisch voraus, dass andere sich ihnen entgegenstellen würden. Christen sind auch heute Botschafter von Jesus. Sehen wir die vielen Aufgaben und Möglichkeiten? Wer im Team mit anderen Christen arbeitet, wird sich mit seinen Gaben einbringen, möglichst authentisch. Nicht jeder Mensch ist sofort für die Gute Nachricht offen. Doch gibt es im Moment genügend Leute in den Unterkünften, die sich über einen Kontakt zu Deutschen freuen. Deutsch lernen und üben hat eine hohe Priorität. Wer bereit ist, Zeit in Beziehungen zu investieren, wird Anknüpfungspunkte für Glaubensgespräche finden.

… ist Jesus wertschätzend gegenwärtig

Jesus hat seinen Nachfolgern zugesichert, jeden Tag bei ihnen zu sein. Er weiß, wie Angst den Mund verschließen kann. „Es fällt nicht einmal ein Spatz auf die Erde, ohne dass euer Vater es weiß. Bei euch aber ist jedes Haar auf dem Kopf gezählt. Habt also keine Angst: Ihr seid Gott mehr wert als ein ganzer Schwarm von Spatzen!“ (Mt 10,29-31). Jede Kleinigkeit ist ihm bekannt. Jesus bringt bildhaft seine Wertschätzung zum Ausdruck, was immer uns auch begegnen wird.

Unsicherheit und Ängste gehören auch zu Empfindungen von Christen. Entscheidend ist aber dabei, wo wir hinschauen. Im vertrauensvollen Blick auf Jesus bekommt meine Angst eine Einordnung, sie darf mich nicht fremdsteuern. Darum sagt Jesus: „In der Welt habt ihr Angst. Doch ihr braucht euch nicht zu fürchten: Ich habe die Welt besiegt” (Joh 16,33). Sehr klar formuliert es Johannes: „Die Liebe kennt keine Angst. Wahre Liebe vertreibt die Angst“ (1. Joh 4,18).

Orientierung 2016-01; 15.02.2016
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