Für die meisten Menschen in Deutschland ist Weihnachten das Fest der Liebe und der Geschenke, an dem die Familienangehörigen zusammenkommen. Dass es dabei um die Geburt von Jesus Christus geht, hat bei vielen keine Bedeutung mehr.


Feiern Muslime auch Weihnachten?

In allen Religionen gehört zu einem Fest auch ein gutes und reichhaltiges Essen. Als ich mit meiner Familie in Izmir lebte, klingelte es regelmäßig an Feiertagen an unserer Tür. Unsere Nachbarin brachte uns einen Teller leckeren Essens. Sie wollte uns Anteil geben an ihrer Festfreude.

Gerne haben wir diese Tradition in der Adventszeit aufgegriffen und den Nachbarn einen Teller selbstgebackene Weihnachtsplätzchen gebracht. Die Verwunderung war groß, da wir zu anderen Zeiten unsere Feste hatten als unsere muslimischen Nachbarn. Gerne haben wir erklärt, was wir an Advent, Weihnachten und Ostern feiern.

Obwohl Muslime auch für Jesus eine große Verehrung haben und ihn als einen der größten Propheten nach Mohammed achten, feiern sie nicht seinen Geburtstag. Von Weihnachten verstehen sie so viel, wie sie eben auf der Straße und in den Geschäften sehen.


Weihnachten, ein Fest mit großer Außenwirkung

WeihnachtenSchon Wochen vorher sind die Straßen und Geschäfte mit Lichterketten geschmückt. Weihnachtsbäume werden aufgestellt und an den Straßenecken verkauft. In den Geschäften hört man Weihnachtslieder. Kinder schreiben Wunschzettel und auch die Erwachsenen freuen sich über Geschenke. Die Familien kommen zusammen und feiern das Fest der Liebe. Auch Muslimen gefallen die Lichterketten, Geschenke und der Weihnachtsschmuck. Manche Kinder betteln ihre Eltern an, ihre Wohnung auch so zu schmücken. Irgendwie kommt Weihnachten vielen Muslimen so vor wie ein vorgezogenes Neujahrsfest, was ja in der Tat nur eine Woche später gefeiert wird.


Weihnachten: die Gelegenheit, um mit Muslimen in Kontakt zu kommen

Seit 60 Jahren kommen Menschen mit anderen Kulturen und Religionen zu uns. Zuerst als Arbeitsmigranten und Studenten, jetzt vermehrt als Flüchtlinge. Manches an ihrer Kultur und Kleidung ist uns fremd. Vielen macht der Islam Angst. In unserer Gesellschaft ist es nur wenig gelungen, Brücken und Beziehungen zu bauen. Kaum eine türkische Familie hat je in einem deutschen Wohnzimmer gesessen; nur wenige Deutsche sind schon mal zu Besuch bei einer syrischen Familie in einem  Asylbewerberheim gewesen.

Dabei wären die Begegnungen so interessant! Wir würden Menschen kennenlernen, die gar nicht so verschieden von uns sind mit ihren Sorgen und Problemen, ihren Träumen und Wünschen. Ein Gespräch über die Bedeutung von Weihnachten, eine Einladung zu einer Tasse Kaffee, oder sogar ein Besuch können Vorurteile und Ängste abbauen. Keine Angst vor der Sprachbarriere, alleine schon die Geste zählt. Menschen erleben, dass sie wahrgenommen und geschätzt werden.


Wie kann der erste Schritt getan werden?

Das ist ein Hauptanliegen von Orientierung: M! Wir wollen Christen ermutigen, ihren Glauben kulturübergreifend weiterzugeben. Dazu bieten wir Schulungen an, Literatur und eine Zeitschrift. Sicherlich ist ein bisschen Vorwissen über die orientalische Kultur und den Islam hilfreich. Noch wichtiger ist es aber, die Brille der Religion abzulegen und in dem anderen einen Menschen zu sehen, der von Gott geschaffen und geliebt ist.

Der Glaube an Gott ist für die meisten Muslime selbstverständlich. Alle Bereiche des Lebens sind religiös durchdrungen. Deshalb tauscht man sich gerne über religiöse Erfahrungen aus. Ich werde nie die Begegnung mit einem alten Kurden in Anatolien vergessen, der sich extra auf den Weg zu meinem Gastgeber machte, um mich zu fragen: „Wie betet ihr Christen?“

Um einen leichten Einstieg für eine erste Begegnung zu schaffen, haben wir, gemeinsam mit dem Evangelischen Salam-Center (Stuttgart), bilinguale Weihnachtskarten in Arabisch-Deutsch, Persisch-Deutsch und Türkisch-Deutsch gedruckt. Die fünf Motive greifen folgende Themen auf:

  • Weihnachten – ein deutsches Fest?
  • Weihnachten – ein Fest für die Familie?
  • Weihnachten – Fest der Lichter
  • Weihnachten – ein Fest der Geschenke
  • Weihnachten – und Frieden auf Erden

An Weihnachten ist es ein guter Brauch, Nachbarn und Kollegen zu gratulieren. Mit einer Karte in der Muttersprache können wir, auch bei Sprachbarrieren, den Inhalt von Weihnachten und die Bedeutung der Geburt Jesu weitergeben.


Warum nicht eine internationale Weihnachtsfeier in der Gemeinde?

Viele Menschen in Deutschland sind einsam. Nicht nur alte Menschen, sondern auch viele Flüchtlinge, die in einem kalten Land, ohne ihre Familie, einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Oft haben sie das Trauma ihrer Flucht noch nicht verarbeitet. Eine Einladung zu einer Weihnachtsfeier in der Gemeinde ist da eine willkommene Abwechslung. Viele ukrainische Familien sind zerrissen. Die Männer sind an der Front im Krieg, ihre Frauen und Kinder meist in einem anderen Land in Sicherheit.

Nur wenn wir unser Leben teilen, können wir auch authentisch unseren Glauben bezeugen. Gerne beraten wir Sie bei der Planung einer internationalen Weihnachtsfeier. Christliche Kalender in über 30 Sprachen können bei uns als kleine Geschenke bestellt werden.


Oder eine Verteilaktion auf dem Weihnachtsmarkt?

Mit der Frage, „Wissen Sie eigentlich, was wir an Weihnachten feiern?“, kann man eine kleine Tüte mit selbstgebackenen Weihnachtskeksen und einer Karte überreichen. Wer möchte, bekommt auch noch einen Kalender in seiner Sprache. Diese Gelegenheit sollten wir nicht verpassen, denn das ist es, was Gott selbst sich wünscht: „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ 1. Tim. 2,4

aus: Orientierung: M # spezial 2 | 2023
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